Die HSZG lud am 22. Oktober zur "Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26" nach Görlitz ein.
Wie sieht die Welt von morgen aus? Utopie oder Dystopie? Bewahrung oder Transformation? Transformation als Wort wird vielfach benutzt, seine genuine Bedeutung bleibt aber oft verschwommen. Transformation bedeutet einen grundlegenden Wandel oder eine fundamentale Veränderung von Strukturen, Prozessen oder Eigenschaften. Nichts ist mehr, wie es war – und die „Zukunft unter Spannung“. „Wir stehen an einem Wendepunkt – regional und global“, sagt Prof. Dr. Sophia Keil, Prorektorin Forschung, Transfer und Internationalisierung der Hochschule Zittau/Görlitz, in ihrem Grußwort zur Veranstaltung „Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26“ an der Hochschule Zittau/Görlitz. Hierzu lud die HSZG am 22. Oktober unter dem Motto: „Zukunft unter Spannung: Energie, KI und wir in der Stadt von morgen“ nach Görlitz ein. Im Mittelpunkt standen Fragen zur nachhaltigen Energiewende und Zukunftsgestaltung unter zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Welche Möglichkeiten bestehen in der Verbindung von KI und Energietechnologie, um mannigfaltige Transformationen erfolgreich zu gestalten?
Programmatisch nahm die Veranstaltung Bezug auf das Thema des „Wissenschaftsjahres des Bundes 2025 – Zukunftsenergie“ und erweiterte dies um die Themenbereiche Künstliche Intelligenz (KI) und Stadt- und Regionalentwicklung. In einer Keynote Speech, Impulsvorträgen und einer Panel-Diskussion wurde diskutiert, wie aktuelle und zukünftige Forschung in den Themenbereichen Energie, Künstliche Intelligenz und Stadt- und Regionalentwicklung dabei helfen kann, komplexe Transformationen in Klima, Energie, Wirtschaft und Gesellschaft erfolgreich zu begleiten und zu gestalten. Dies sowohl global als auch regional mit Schwerpunkt auf die Entwicklung der Lausitz.
Wir stehen an einem Wendepunkt – global wie regional. Energie und Künstliche Intelligenz sind dabei mehr als technologische Schlagworte: Sie stehen für eine tiefgreifende Transformation von Arbeit, Wissen, Lebensweise und gesellschaftlichem Zusammenhalt. ‚Zukunft unter Spannung‘ – das Motto unseres Wissenschaftsjahres – beschreibt diesen Zustand treffend: Zwischen Herausforderung und Hoffnung, zwischen Risiko und Möglichkeit, zwischen Bewahrung und Aufbruch, zwischen Utopie und Dystopie. Die Rednerinnen und Redner bei der Eröffnung des Wissenschaftsjahres haben eindrucksvoll gezeigt, wie interdisziplinäres Denken, Kreativität und Forschungskraft Innovation ermöglichen. Für uns an der Hochschule Zittau/Görlitz bedeutet das: Wir verbinden technologische Chancen mit regionaler Verantwortung und gestalten Zukunft – hier in der Lausitz und weit darüber hinaus.
Die Debatte und Diskussion um den Einsatz von KI ist medial und gesellschaftlich allgegenwärtig, der (inter-)nationale Zeitgeist in Bezug auf Künstliche Intelligenz kritisch-optimistisch mit folgenden, immer wieder auftauchenden Fragen: Wie generieren wir zukünftig Wissen, wenn KI-Technik immer an unserer Seite ist? Wenn KI und menschlicher Nutzer immer mehr verschmelzen, wie lernen und wissen wir, nicht nur rein maschinell optimiert, sondern weiterhin ethisch verantwortungsvoll zu denken und zu handeln?
„KI hat in den letzten Jahren eine immense Dynamik entwickelt“, sagt Prof. Dr. Dr. Tanja Kneiske in ihrer Keynote „Zukunft unter Spannung: Kann KI helfen, Energiewandel und Gesellschaft zusammenzubringen?“. Kneiske wurde 2025 von der Bundesregierung in den Expertenrat für Klimafragen berufen und zählt zu den sog. „100 Köpfen der Hauptstadt-Wissenschaft“. Seit 2024 leitet sie das Fachgebiet „Technologie und Management Integrierter Energieinfrastrukturen“ an der TU Berlin und ist zugleich wissenschaftliche Leiterin am Fraunhofer IEG in Cottbus. In ihrem Vortrag zitiert Kneiske Sam Altman, Mitgründer und CEO von OpenAI (ChatGPT), zur Faszination der Künstlichen Intelligenz: „What is so special about AI? – We can do 10 years of science in one“, so Sam Altman auf einer Wissenschaftskonferenz in Berlin 2025.
Die Folgerungen für Nutzerinnen und Nutzer daraus: „Sachen, die früher Tage und Stunden dauerten, sind nun in Sekunden zu erledigen“, so Kneiske. KI kann dabei auch in der Verwirklichung der Energiewende zum Tragen kommen: „Uns muss klar sein: In der Energiewende betrachten wir nicht nur Stromnetze, sondern auch die Planung, den Ausbau und die Verknüpfung von Gas-, Wärme- und Wasserstoffnetze. Derzeitige Planungsmodelle stoßen dabei aufgrund der zunehmenden Komplexität an ihre Grenzen. Um urbane Energieversorgungssysteme optimal zu modellieren und zu planen, bedarf es geeigneter Tools und Methoden – auch aus der KI und dem Machine Learning“, so Kneiske. Kneiske hat mit ihrem Team das Softwaretool „DAVE“ entwickelt. Es sammelt, verarbeitet und fusioniert Daten aus unterschiedlichsten Quellen, um daraus mithilfe von KI ein Energienetzmodell zu entwickeln. Damit können Städte, Kommunen oder Versorgungsbetriebe die gesammelten Daten und Modelle ihrer Region online abrufen, den Planungsprozess optimieren und datenbasierte Entscheidungen treffen. Ein Modell auch für die Lausitz?
Für die Lausitz sind die Themen Energie, Energiewende und Strukturwandel von fundamentaler Bedeutung. Die Gewinnung von fossiler Energie in Form des Braunkohleabbaus im Tagebau prägte lange Zeit sowohl die Binnen- als auch die Außenwahrnehmung. „Energie als Gemeinschaftsaufgabe“ und „Gleichspannung im Griff – Schalttechnologie für die Netzwerke von morgen“ titelten die Nachwuchswissenschaftler Tom Richter, Jonas Pfeiffer und Emilia Herzig ihre Impulsvorträge im Anschluss an die einleitende Keynote. Mit der Eröffnung des Wissenschaftsjahres startete auch das HSZG-Programm für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler: „Young Scientists@HSZG“. Richter, Pfeiffer und Herzig skizzierten in ihren Vorträgen Szenarien und Herausforderungen steigender Energiebedarfe und möglicher Lösungen durch z.B. den Aufbau eines DC-Campus in der Lausitz. Direct Current (DC) versus oder im Gleichklang mit Alternating Current (AC). „Neben Technologieoffenheit brauchen wir auch Technologieentschlossenheit. China ist bei dem Aufbau von alternativen Energiemodellen teils deutlich schneller“, sagt Tom Richter.
„Who gets what, when, and how?” – Diese immanente Frage der internationalen politischen Ökonomie bezieht sich auch auf die Lausitz und „…uns in der Stadt von morgen“.
„Wir machen eine Erhaltung des Ist-Zustandes. Die Menschen in der Region wissen nicht genau, was die Forschung in Zittau und Görlitz überhaupt macht“, merkt Thomas Krusekopf von der Initiative GreenZitty Zittau kritisch an in der Panel-Diskussion „…und wir in der Stadt von morgen“ – mit den weiteren Teilnehmenden Prof. Dr. Robert Knippschild (Interdisziplinäres Zentrum für transformativen Stadtumbau Görlitz), Carolin Fischer (Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Wissenschaftliche Mitarbeiterin NFG MUBARES) und Diana Karbe (Projektmanagerin Wirtschaftsförderung der Stadt Hoyerswerda). „Wir müssen die Region mit Modernität ausstatten, sodass junge Menschen neugierig werden“, so Krusekopf. Diana Karbe zeigt Fakten des Bevölkerungsschwunds in Hoyerswerda. Die Bertelsmann-Stiftung skizzierte schon 2009 für Hoyerswerda einen Rückgang der Bevölkerung zwischen 2006 und 2025 um 33,4 Prozent. „Es werden in Hoyerswerda vielleicht keine Menschen mehr da sein, welche die erforderlichen Arbeiten überhaupt machen“, berichtet Karbe in der Panel-Diskussion.
Karbe mag realistisch, utopisch oder dystopisch gesprochen haben. Und das nicht nur in Bezug auf die Lausitz, sondern auch auf strukturschwache Regionen in u.a. Bayern, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen oder Nordengland oder den Rust Belt in den USA.
Wie gelingt Wandel oder Transformation? Alexander Kratzsch, Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz, appelliert in seinem Grußwort zu der Veranstaltung „Road to Innovation“, organisiert von „futureSAX“, am 22. Oktober vormittags zu Mut, Tanja Kneiske, Jonas Pfeiffer und Thomas Krusekopf nennen Neugier, Gemeinsamkeit und (Welt-)Offenheit als notwendige Charakteristika. „Für eine erfolgreiche Transformation braucht es verlässliche, vertrauensvolle und kontinuierliche Partnerschaften zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft“, bilanziert Prof. Dr. Robert Knippschild.
„Die Veranstaltung war begeisternd und hätte mehr als 1.000 Teilnehmer verdient“, sagt ein Besucher zum Abschluss der Veranstaltung. Eingebettet in die Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26 war die Preisverleihung des Fördervereinspreises der Hochschule Zittau/Görlitz an Lea Karras, Johannes Krutz, Franz Erik Wenger, Anna Grohmann und Alina Hanisch und des Al-Makhawi-Preises an Josefine Wiethe für besondere Studienleistungen.
„futureSAX“, die Innovationsplattform des Freistaates Sachsen, hatte auf Einladung von Professorin Keil – erstmalig am Standort Görlitz – die Auftaktkonferenz „Road to Innovation“ an der Hochschule Zittau/Görlitz veranstaltet. Die anschließende “Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26” wurde moderiert von Susanne Stump, Geschäftsführerin von „futureSAX“.
Ergänzend zum Programm lud die HSZG zu einer begleitenden Leistungs- und Posterschau ein. Diese umfasste zum einen Exponate aus laufenden Forschungsprojekten aller Forschungsinstitute der HSZG (IPM, TRAWOS, ZIRKON, GAT) sowie der Fakultäten Natur- und Umweltwissenschaften, Elektrotechnik und Informatik und Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen. Zum anderen gab es in der Aula eine Posterschau mit Projekten, die über sächsische Landtagsmittel gefördert wurden und werden. Damit wurde sowohl die große Bandbreite der Forschung an der HSZG sichtbar, wie auch herausragende Großprojekte.
Text: Frank Leberecht
Fotos: Sven Müller , André Seeliger und futureSAX
Die Veranstaltungsreihe On the Road to Innovation von futureSAX eröffnete Einblicke in europäisch geförderte Spitzenforschung aus Sachsen mit Redebeiträgen u. a. folgender Personen:
Keynote Speech: „Zukunft unter Spannung: Kann KI helfen, Energiewandel und Gesellschaft zusammenzubringen?“
YoungScientists@HSZG: AC/DC zwischen Forschung & Praxis
Impulsvorträge:
Panel-Diskussion „…und wir in der Stadt von morgen“
Teilnehmende:
Moderation der Veranstaltung „Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26“
Im Namen der HSZG möchte ich mich bei allen Beteiligten – bei allen Rednerinnen und Rednern, Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Besucherinnen und Besuchern – der Veranstaltung Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025/26 „Zukunft unter Spannung: Energie, KI und wir in der Stadt von morgen“ ganz herzlich bedanken.