Saxony5 verbindet Wissenschaftler und -innen der HSZG aus den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Energieversorgung mit Praxisakteuren in Bernstadt und Umgebung.
Wie lassen sich Recycling, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Wärmeversorgung zusammendenken? Im Bernstädter Ortsteil Kemnitz gibt es dazu die Initiative “Wärme aus der Biotonne”. Zu einem gemeinsamen Austausch mit der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) hatte Jan Würsig vom Dienstleistungsbetrieb Würsig GmbH aus Bernstadt a. d. Eigen nach Niedercunnersdorf auf das Gelände der Kompostieranlage eingeladen. Anfang September 2025 fand dort ein gemeinsames Treffen statt.
Jan Würsig stellte das Vorhaben zur Erschließung des Ortsteils Kemnitz durch ein Nahwärmenetz vor. Ziel des Projekts ist es, aus regional anfallenden Bioabfällen nachhaltige Wärme zu gewinnen und diese über ein etwa 8,3 Kilometer langes Leitungsnetz mit 73 Übergabestationen an Haushalte und Betriebe in Kemnitz zu verteilen.
Die Grundlage für diese Wärmeversorgung liefert die von Jan Würsig betriebene Kompostieranlage. In dieser Anlage wird vergärter Rohkompost sortiert und zu fertigem Kompost aufbereitet. Während dieses Prozesses entstehen Reststoffströme in Form von Plastik, Steinen und Holz – Materialien, die im Kompost als Störstoffe gelten.
Ein besonders spannender Aspekt des Projekts ist die innovative Sortierung dieser Reststoffe. Zur Trennung und Verwertung setzt Jan Würsig auf eine von der Zittauer Firma Steinert UniSort entwickelte „UniSort Black“-Anlage. Diese Technologie ermöglicht es, auch dunkle Kunststoffe effizient auszusondern, sodass der Kompost nahezu frei von Plastik ist und eine Zertifizierung als Biokompost ermöglicht wird.
Ein wichtiger Bestandteil des Vorhabens ist die Nutzung des aussortierten Holzes. Dieses Holz, das bei der Kompostierung als Reststoff anfällt, wird in das neue Nahwärmenetz integriert und thermisch verwertet. Dies ermöglicht es den Verbrauchenden in Kemnitz, sich unabhängig vom Einkauf von Biomasse auf dem regionalen Markt zu machen, da das Holz lokal für die Wärmeversorgung verwendet wird.
Das Konzept stellt ein konkretes Beispiel für eine nachhaltige und innovative Lösung im Kontext der kommunalen Wärmeplanung dar, bei dem Abfallströme sinnvoll genutzt und gleichzeitig die regionale Energieversorgung gestärkt wird. Beachtlich ist hierbei die Geschwindigkeit, in der die Planung voranschreitet und parallel – in Zusammenarbeit mit vielen Bürgerinnen und Bürgern – die Bürger-Energie-Genossenschaft Kemnitz Bernstadt eG gegründet wird. Ein Beispiel dafür, was alles möglich ist, wenn die Menschen vor Ort mit anpacken.
Für die HSZG stand die Frage im Mittelpunkt, wie Recyclingtechnik, Kreislaufwirtschaft, Energieversorgung und Bürgerbeteiligung in Kemnitz bei Bernstadt ineinandergreifen, wie die HSZG von den Erfahrungen lernen kann und bei welchen Problemen das Vorhaben unterstützt werden kann.
Aus Sicht der Umwelt- und Recyclingtechnik (Prof. Jens Friedrich, Anett Kupka) ergeben sich Forschungsfragen zur Optimierung der Abfallaufbereitung, insbesondere bei der Abscheidung von Holz und Störstoffen.
Die Energieverfahrenstechnik (Prof. Tobias Zschunke) sieht Potenzial in der energetischen Nutzung der Reststoffe, verbunden mit Fragen der Effizienz und Genehmigungsverfahren.
In der Umsetzung von Wärmeversorgungssystemen (Jonas Pfeiffer) – in Kombination mit der engen Einbindung der Bürgerinnen und Bürgern über eine Genossenschaft – eröffnen sich sozialwissenschaftliche Perspektiven zur Akzeptanz und Governance von Energieprojekten im ländlichen Raum
Damit knüpft das Vorhaben direkt an laufende Forschungsaktivitäten der Hochschule an: Im hochschuleigenen Institut ZIRKON und im Projekt CircEcon werden zirkuläre Prozesse, ökonomische Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Teilhabe im Kontext nachhaltiger Transformation untersucht – Themen, die sich in Kemnitz konkret nachvollziehen lassen. Für die Forschenden der HSZG war dies demnach ein sehr interessanter Einblick.
Das Treffen war ein Beispiel für gegenseitigen Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Hochschule, initiiert über das sächsische Transferprojekt Saxony5, welches die Transferaktivitäten der Hochschulen bündelt und somit das breite fachliche Angebot der Hochschule so mit Praxispartnern zusammenbringen kann.
Diskutiert wurde u. a. ein gemeinsamer Forschungsantrag der HSZG mit der Würsig GmbH, um die Prozessoptimierung der Abfallaufbereitung wissenschaftlich zu begleiten und in das Projekt CircEcon einzubinden.
Bürgermeister Markus Weise hob zudem hervor, dass in der Region perspektivisch zwei aus der EEG-Förderung auslaufende Windkraftanlagen in die Bürgerenergiegenossenschaft integriert werden könnten – ein weiterer Schritt hin zu einer bürgergetragenen Energiewende.
Das Treffen verdeutlichte, wie Kommunen, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger und Hochschule gemeinsam an Lösungen für die Wärmewende arbeiten können. Für die HSZG eröffnet sich ein praxisnahes Forschungsfeld, das von der technischen Prozessoptimierung über ökonomische Analysen bis hin zu Fragen der Partizipation reicht und das Potenzial hat, Modellcharakter für andere Gemeinden in Sachsen zu entwickeln.
Interessierte an ähnlichen Energieinitiativen können sich über Saxony5 mit den zuständigen Ansprechpartnern verbinden und Informationen zur Beteiligung und Förderung einholen.