05. Mai 2021

Spannende Herausforderungen: Controlling, Projektmanagement und Digitalisierung

Prof. Dr. Ingo Cassack lehrt seit über einem Jahr Betriebswirtschaft an der HSZG. Im Interview erzählt er von seinem internationalen Werdegang.

Brasilien, Frankreich, Polen. Der Weg in die Oberlausitz war für Prof. Dr. rer. pol. Ingo Cassack lang, aber erfüllend. Nun lehrt er bereits seit über einem Jahr Betriebswirtschaft insbesondere Controlling an der HSZG. Im Interview mit der Öffentlichkeitsarbeit erzählt der 45-jährige gebürtige Sauerländer von den Herausforderungen in Pandemiezeiten, seiner Leidenschaft für das Controlling und seinem internationalen Werdegang.

Prof. Cassack, ein aufregendes erstes Jahr an der Hochschule Zittau/Görlitz ist für Sie zu Ende gegangen. Seit März 2020 sind Sie Professor für Betriebswirtschaftslehre an unserer Hochschule. Wie haben Sie das ‘Pandemiejahr‘ erlebt?

Das erste Jahr verlief anders, als zunächst erwartet. Ich hatte am 1. März in Zittau angefangen. Am 13. März wurden wir in den Lockdown geschickt, an einem Freitag den Dreizehnten. Ich hatte natürlich alles für Präsenzlehre vorbereitet. Dazu kamen noch operative Herausforderungen. Viele Kolleginnen und Kollegen aus der Fakultät haben bei der Orientierung geholfen und mit der Zeit wurden stückchenweise die Laufwege auch klarer. Aber ein persönliches Treffen kann durch ein Telefonat oder durch E-Mails leider nicht ersetzt werden. Ein gesunder Pragmatismus bleibt notwendig. Mein erklärtes Ziel ist, dass die Studierenden dadurch keinen Nachteil haben. Mit drei eigenen Kindern zuhause ist das Leben natürlich zusätzlich sehr spannend.

Von der Präsenzlehre in den digitalen Raum. Wie lief das für Sie ab?

Wenn man es gut machen will, hat man als Professor einen deutlichen Mehraufwand. Die Nutzung von Lernplattformen und vielen verschiedenen digitalen Tools war sicherlich auch zum Teil eine Herausforderung. Ich gebe Lehre für Erstsemester und höhere Semester an unserer Hochschule sowie für IHI-Studierende. Studieren an der Grenze. Diese Internationalität finde ich besonders spannend und das hat mich auch gereizt.

Der persönliche Austausch mit Studierenden musste im Lockdown auf ein Minimum reduziert werden. Wie schaffen Sie es, dennoch den Kontakt aufrechtzuerhalten?

Ich biete neben einer klassischen Sprechstunde auch mehr Rücksprachen nach Bedarf an. Das kann schon intensiv werden. Da sitzt man nach einer Vorlesung, am Abend und Wochenende schon mal eine Zeit lang im Videochat, wenn jemand ein Problem hat. Das Schöne an der Zusammenarbeit mit Studierenden ist für mich ganz klar der intellektuelle Austausch. Man reibt sich an einer Sache, versucht an neuen Themen dranzubleiben, um innovativ Inhalte und Themen zu transportieren.

Rechnungswesen und Controlling sind die beiden Schwerpunkte Ihres Berufungsgebietes. Was macht für Sie den Reiz daran aus?

Rechnungswesen klingt erstmal ein bisschen trocken. Sowohl das Rechnungswesen als auch das Controlling haben sich aber sehr stark weiterentwickelt gerade durch Digitalisierung. Heute ist Controlling eine Management-Unterstützung und Lotse zur Zielerreichung, quasi als Berater für das Management. Nicht ohne Grund werden viele Controller hinterher auch CEOs/CFOs, weil man Unternehmensführung lernt. Projektmanagement ist eine wichtige Kompetenz, die ich am IHI intensiv lehren darf.

Sie haben im Studienfach Controlling an der Universität Stuttgart promoviert. Worum ging es in Ihrer Arbeit?

Es war eine Arbeit im Sonderforschungsbereich Rapid Prototyping. Dabei geht es um eine schnelle Produktentwicklung. Vor 25 Jahren war schon 3D-Druck ein Thema, die Frage war nun, wie kann man u.a. beim 3D-Druck oder auch bei virtuellen Prototypen Kosten und Erlöse planen, steuern und kontrollieren? Die klassischen Instrumente des Controllings, die man dabei gelernt hat wie die Zielkosten- und Prozesskostenrechnung kommen auch heute noch in meiner Lehre vor.

In Ihrer beruflichen Vergangenheit waren Sie schon in Ländern wie Brasilien, Frankreich, Indien, USA, Mexiko und Polen tätig. Die Welt scheint Ihr Zuhause zu sein. Wie kam es zu diesem internationalen Werdegang?

Ich habe die ersten zehn Jahre bei einem großen Automobilzulieferer gearbeitet. Dort war ich nach der Promotion zunächst als internationaler Trainee eingestellt, bin viel gereist und wollte auch gern ins Ausland gehen. Ich fand es schon immer spannend, verschiedene Kulturen kennenzulernen. Gleichzeitig ist dadurch die berufliche Entwicklung im Management bis zum CFO (Chief Financial Officer) auch schneller erfolgt. Ich hatte dann die Möglichkeit, zuerst nach Frankreich zu gehen, um dort im Dreiländereck zu arbeiten. Daher gründet sich ein Stück weit auch meine Neugier am Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien hier. Die nächste Station war dann zwei Jahre Brasilien und schließlich hatte ich auch für zwei Jahre eine spannende Position in Polen inne. Anschließend bin ich mit 38 Jahren CFO für ein Unternehmen mit 700 Mio. Euro Umsatz geworden. Dies wäre sicherlich ohne Auslandserfahrung sonst nicht so schnell erfolgt.

Neben Deutsch sprechen Sie Englisch, Französisch, Polnisch, Portugiesisch und Spanisch. Was kam zuerst, die Affinität zu Sprachen oder zu Finanzen?

Leider leidet die Sprachkompetenz, wenn man sie nicht nutzt. Die jeweiligen Stationen habe ich sehr gern als Gelegenheit genutzt, neue Sprachen zu lernen und Kulturen kennenzulernen. Das Sprachenlernen kam situationsbedingt dazu, die Affinität zum Controlling, IT und Finanzen überwiegt dann doch.

Nach all den internationalen Stationen, wie war dann Ihr erster Eindruck von Zittau und der Oberlausitz?

Zittau an sich ist schön. Wir haben auch schon eine Stadtführung gemacht. Die Stadt hat touristisch etwas zu bieten. Ich wohne in Dresden und pendele an meinen Arbeitsort. Die internationale Nähe zu haben, finde ich spannend. Ich habe selbst in Polen gelebt. Die Sprache ist natürlich schwierig, aber es macht mir auch Freude, mich da ein Stück weit zu „quälen“ und besser zu werden.

Zuletzt waren Sie als Chief Financial Officer bei der ARTS Holding tätig, einem Industriedienstleister, der weltweit Unternehmen aus High-Tech-Branchen unterstützt. Was hat Sie dazu bewogen, eine Lehrtätigkeit als Professor an der HSZG aufzunehmen?

Als CFO bei der ARTS Holding hatte ich schon parallel Lehraufträge an der HTW in Dresden. Daher war für mich die Lehre auch kein Neuland. Ich wusste, es macht mir Spaß, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten. An der Stellenausschreibung in Zittau hat mich neben dem internationalen Umfeld auch die Lehre am Internationalen Hochschulinstitut (IHI) der TU Dresden gereizt. Den internationalen Aspekt sollte diese Region noch viel mehr ausbauen und nicht zu sehr lokal und regional begrenzt denken. Das würde ich mir wünschen.

Ob Elon Musk oder Jeff Bezos, die heutigen BWL-Studierenden orientieren sich oft an berühmten Vorbildern. Von welcher prominenten Persönlichkeit hätten Sie gern einen Rat bekommen in Ihren akademischen Anfangszeiten?

Ich hatte das große Glück in Péter Horváth einen Doktorvater gehabt zu haben, der gleichzeitig auch mein Mentor war. Er hat eine Unternehmensberatung mit heute über Tausend Mitarbeitenden aufgebaut und gilt als Mitbegründer der betriebswirtschaftlichen Wissenschaftsdisziplin Controlling. ‘Unternehmertum lehren und leben‘ war seine Devise. Er war auch der Grund, warum ich in Stuttgart promoviert habe.

Wenn Sie nicht gerade virtuell oder im Hörsaal mit Ihren Studierenden mit Zahlen jonglieren, wo kann man Sie unter normalen Umständen noch antreffen?

Ich spiele sehr gern Handball mit meinen Kindern und habe eine Leidenschaft für Basketball, Fußball und Fahrradfahren. Ansonsten steht bei uns Familienzeit im Vordergrund.

 

Das Gespräch führte Cornelia Rothe M.A.

Foto: Prof. Dr. rer. pol. Ingo Cassack
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