26. Januar 2023

Gemeinsam für eine bessere Energiepolitik

Beim Trilateralen Dialog an der HSZG wurden unterschiedliche energiepolitische Ansätze der Dreiländerregion sowie Zukunftschancen neuer Technologien diskutert.

Die energiepolitische Lage in Mitteleuropa ist so angespannt wie nie zuvor und hat erhebliche Auswirkungen auf unser Leben. Einerseits drängt die Europäische Union seit langem auf eine Erhöhung des Anteils der Energie aus erneuerbaren Quellen, andererseits müssen wir uns im Hinblick auf die demokratischen Werte und das moralische Gewissen dringend aus der Abhängigkeit vom russischen Gas lösen. Deutschland, Tschechien und Polen teilen einen gemeinsamen Kultur- und Wirtschaftsraum. Die Energiepolitik ist eine DER zentralen Fragen, nicht nur, aber vor allem für die Dreiländerregion.

Dies war Ausgangspunkt für den im vergangenen November in Zittau stattgefundenen Trilateralen Dialog.

Diskutiert wurden nicht nur die unterschiedlichen energiepolitischen Ansätze der drei Länder Deutschland, Tschechien, Polen, sondern auch Zukunftschancen neuer Technologien.  

Am Beispiel des Braunkohle-Großkraftwerkes in Turów wurden Chancen für eine engere Zusammenarbeit in der Region diskutiert. Im Rahmen von zwei Paneldiskussionen wurden sowohl regionale als auch europäische Perspektiven zum Thema Energiesicherheit ausgetauscht.

Im ersten Panel diskutierten die Panelisten aktuelle Herausforderungen und Probleme des regionalen Energiesektors. Gregor von Kampen-Banisch (PL), Präsident des Zentrums für Erneuerbare Energien betonte die Notwendigkeit des Ausbaus von erneuerbaren Energien für eine zukunftsgerichtete Energiepolitik und dessen noch nicht ausgeschöpften Potenzials für die polnische Grenzregion. Damit verbunden sei aber ein notwendiger Netzwerkausbau sowie eine Netzwerkstabilität, um beispielsweise zukunftsorientiert auf grünen Wasserstoff zu setzen.  Martina Jakl (CZ) von der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer verwies dabei auf die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die momentan nicht ausreichend auf die aktuelle Energiekrise vorbereitet sind und vor gewaltigen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, die teilweise existenzbedrohend sind. Dies belastet die wirtschaftliche Entwicklung der Region Nordböhmen stark und hindert vor allem kleine und mittelständische Unternehmen an einer notwendigen Weiterentwicklung.

Andreas W. Poldrack (DE) vom VEE Sachsen sieht eine ähnliche Entwicklung in Sachsen und führt dies auf eine verfehlte Politik im Ausbau von erneuerbaren Energien zurück, da zu lange auf Eigenverantwortung gesetzt und der Ausbau nicht entsprechend aktiv vorangetrieben wurde. Im Rahmen der Diskussion wurde somit betont, dass in der gesamten Dreiländerregion stärker auf den Ausbau von erneuerbaren Energien gesetzt werden muss und regionale Erfahrungen anderer Grenzregionen besser über Informationen und Netzwerke zugänglich gemacht werden müssen, um aus den Erfahrungen der Nachbarregion zu profitieren. Darüber hinaus wurde Wasserstoff als Zukunftsspeichertechnologie mit großem Potential für transnationale Kooperationen identifiziert. Hier muss ein Aufbau einer regionalen Wasserstoffstrategie ansetzen, der die gesamte Dreiländerregion im Blick hat. Dabei müssen aber die Bürger aktiv mitgenommen werden, vertrauensbildende Maßnahmen zu jeweiligen Energiestrategien der Länder näher erklärt werden und in der Öffentlichkeit sichtbarer diskutiert werden, um Vertrauen zu bilden.

Im zweiten Panel wurde Energiepolitik im Spannungsfeld europäischer und nationaler Zielsetzungen diskutiert. Einleitend wurde aus jeweils nationaler Perspektive die bisherige Politik zur Sicherung der Energieversorgung von den Expertinnen und Experten bewertet und beleuchtet, in wie fern eine gesamteuropäische Energiesicherheitspolitik notwendig sei und wie diese aussehen sollte. Damit schuf man ein Verständnis für die jeweiligen nationalen Energiestrategien der einzelnen Länder (DE/PL/CZ) und die Panelisten betonten, wie wichtig ein gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Schwerpunktsetzung innerhalb der nationalen Energiepolitik ist. Neben dem einstimmigen notwendigen weiteren und stärkeren Ausbau von erneuerbaren Energien wurde auch die Zukunftsfähigkeit von Kernkraft für CO2-neutrale Energiegewinnung thematisiert und diskutiert. Eine Rolle wird auch grünem Wasserstoff als Zukunftstechnologie und Speichertechnologie zugeschrieben. Adam Blazowski (PL) Energieexperte vom FOTA4Climate in Polen betonte hierbei der Nutzung von Wasserstoff für die Dekarbonisierung der Düngemittelindustrie Vorrang einzuräumen, anstatt ihn nur zur Energiegewinnung zu verbrennen.

Der EU Green Deal sollte alle kohlenstoffarmen Energiequellen einbeziehen. Da der EURATOM-Vertrag eines der Gründungsdokumente der EU ist, sollen die Länder die Freiheit haben, ihre eigenen Dekarbonisierungspfade zu wählen, solange sie die festgelegten Ziele erreichen können.

Nicola Beer, Europaabgeordnete, Vizepräsidentin des Europaparlaments und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie betonte in ihrer Key note speech zwei nötige Ansatzweisen, um eine langfristige Energiemarktreformation umzusetzen. Zum einen betonte sie, dass es notwendig ist, energieeffizienter zu werden und zum zweiten, dass Energieimporte umstrukturiert werden müssen. Zur Steigerung der Energieeffizienz wird im Europäischen Parlament aktuell an der Direktive „European Energy Performance of Buildings Directive“ (EPBD)  gearbeitet und durch die „Energy Efficiency Directive (EED) wurde zudem im September im Parlament bereits abgestimmt und die Trilogverhandlungen eröffnet. Darüber hinaus stellte Nicola Beer heraus: „Die Umstrukturierung unserer Energieimporte ist nicht ausreichend: wir müssen den ganzen Marktmechanismus und dessen Angebote reformieren.“ Neben RePowerEU und der Idee eines Energiebinnenmarktes sieht Frau Beer die Chance, fehlende Energiekapazitäten schnell mit erneuerbaren Energien und umweltfreundlicheren Energieversorgung zu füllen.

Mit Hilfe des World Café Formats konnten die Konferenzteilnehmer*innen in den direkten Austausch mit den Panelist*innen und Expert*innen aus Deutschland, Polen und Tschechien treten. Unter der moderierten Leitung von Karolin Gröschl (DE) vom Energy Innovationscampus in Görlitz wurden unter anderem die Bezahlbarkeit von Energie, die Vereinbarkeit von ökologischen Zielen und ökonomischen Notwendigkeiten, die Sicherheit von Arbeitsplätzen und die technische Dimension sowie lokale, regionale und europäische Implikationen bezüglich der Herausforderung des Turów-Streitfalls als Herausforderung für die Dreiländerregion diskutiert. Hierbei ging bspw. Michaela Kabáčová (CZ) vom Tschechischen Ministerium für Industrie und Handel auf die Tschechische Positionierung innerhalb der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof im Fall Turów ein, Agnieszka Spirydowicz (PL) vom ZKlaster in Polen diskutierte über das Potential grenzübergreifender regionaler Projekte, Martina Jakl  (CZ) von der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer in Prag, stellte ökonomische Perspektiven aus Unternehmersicht für die Region zur Diskussion und Prof. Karel Frana (DE/CZ) von der Hochschule Zittau/Görlitz ging auf technisch-technologische Perspektiven für die zukünftige Energiesicherheit in der Region ein. Die Ergebnisse der Diskussion wurden in Form eines Graphic Recordings in sieben Momentaufnahmen zusammengefasst.

Die trilaterale Dialogkonferenz fand an der HSZG in Zittau statt und wurde in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Wilhelm-Külz-Stiftung veranstaltet. Wir danken allen Konferenzteilnehmenden, Organisatoren und Beteiligten für die rege Teilnahme und alle Diskussionsbeiträge!

Ihre Ansprechperson
M.A.
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