15. November 2017

Ohrstäbchen und zugemüllte Ozeane

Der Tag der Umwelt 2017 stand unter dem Motto "Plastik überall". Die HSZG zeigt die unbequeme Wahrheit.

Zum 7. Mal veranstalteten die Stadt Zittau und die Hochschule Zittau/Görlitz gemeinsam den Tag der Umwelt. In diesem Jahr stand alles unter dem Motto: „Plastik überall“. Am Mittwoch, den 8. November befassten sich Umweltschützer und Wissenschaftler mit Plastikmüll, der die Meere verunreinigt und Recyclingkonzepten, die Hoffnung machen. Mädchen und Jungen der Zittauer Klimaschulen – Christian-Weise-Gymnasium und Weinau-Oberschule – gestalteten eine Ausstellung zum „Tag der Umwelt“.

Was hat die Einkaufstüte vom Supermarkt mit einer strangulierten Robbe im Indischen Ozean zu tun? Nichts natürlich, denken Sie? Dachten viele. In der 8 Uhr Vorlesung von Dr. Gernot Kayser vom Internationalen Hochschulinstitut Zittau (IHI) schauen die Zehntklässler der Zittauer Klimaschulen kurz von ihren Handys auf, als das Robbenbaby mit traurigen Kulleraugen auf dem Bildschirm erscheint. Im Hörsaal wird es still, die Robbe hat sich in einem Fischernetz und einer Menge Plastiktüten verheddert. Und wenn man´s genau nimmt, dann ist das unsere Schuld.

Seit über 60 Jahren wird Kunststoff produziert. Wenn wir Verpackungen wegwerfen, dann sind sie auch erstmal weg – zumindest aus unserem Blickfeld. Aber Kunststoff ist extrem langlebig, was vor 60 Jahren produziert wurde, lebt heute noch, ist nicht verrottet und schwimmt sehr wahrscheinlich im Meer. Zusammen mit ca. zwei Millionen Zigarettenstummeln, Bierdeckeln und dem Plastikbesteck von MC Donalds.

Ein paar Zuhörer beim Vortrag „Makro- und Mikroplastik im Meer“ stecken ihre Plasteflaschen zurück in die Tasche. Wir leben nicht am Meer, wir sehen die schwimmenden Plastikinseln nicht, und auch keine strangulierten Robben. Aber ein Viertel der Fische auf den Märkten in den USA und Indonesien enthalten nachweisbar Kunststoffpartikel. Wir wissen nicht, ob der Fisch im Tiefkühlregal vielleicht einer aus Indonesien ist. Und das ist nur eine Folge unserer Lebensweise.

Nach dem Vortrag vom IHI Zittau ging es auf Exkursion ins Klärwerk. Neben den interessierten Teilnehmern des Umwelttags, waren etwa 40 Kinder aus der Weinauschule mit dabei. Die Viertklässler stellten die Fragen, die sich die Erwachsenen nicht trauten zu stellen: „Wann kann man das Wasser, das so stinkt denn trinken?“ Die Mitarbeiter der SOWAG, die die Gruppe über das Gelände leiteten, bekamen bei all ihren Fragen sehr viele Kinderhände, die nach oben schnippten.

„Wer weiß denn, was alles im Abwasser drin ist?“

„Ohrstäbchen!“, „Kacka!“, „Und ein bisschen Erbrochenes!“

 Die Abwasserentsorgung ist eine kommunale Pflichtaufgabe und dient vor allem dem Gesundheitsschutz. Über das Kanalnetz gelangt das Schmutzwasser in die Kläranlagen. Diese stellt den tiefsten Punkt dar, alles Wasser fließt dort hin. Dann wird es in einem aufwändigen Verfahren und vielen Wasserbecken immer wieder gereinigt und schlussendlich zurück in die Neiße geleitet. Trinkwasser entsteht aber keines. In der Chopinstraße in Zittau wird nur das Abwasser geklärt.

Essensabfälle, wie eine schlecht gewordene Kürbissuppe, gehören übrigens nicht ins Klo sondern auf den Kompost oder in die Biotonne, sonst werden die Ratten angelockt und vermehren sich schneller.

Der Tag der Umwelt, der sich voll und ganz dem Thema Plastik widmet, soll kein Tag der Anklage sein. Nicht nur. Es geht darum wachzurütteln, zu informieren und vor allem Alternativen vorzustellen, die Hoffnung machen. Große Firmen wie Adidas machen es vor, mit Laufschuhen aus Meeresmüll. Zittau macht es nach: die Lobby der Umwelt, Greenpeace Dresden, möchte eine Gruppe in Zittau gründen. Am 1. Dezember treffen sich alle Interessierten um 18 Uhr im Cafe Jolesch, Klienebergerplatz 1 in Zittau.

Im Haus Z IV konnte man mit dem Verein konglomerat e.V. aus Dresden Plastik recyceln. Alle die Lust haben können gern jederzeit in Dresden im Rosenwerk bei der Kunststoffschmiede mitwirken.

Zur Einstimmung auf den Film „A Plastic Ocean“ im Kronenkino, gab es eine Vokü (Volksküche) mit veganen Burgern im Foyer und anregenden Gesprächen über den Tag der Umwelt.

Der Film thematisierte das Absterben der Korallenriffe durch den Menschen, seinen Umgang mit der Natur und die Massen an Plastik die bereits in den Ozeanen schwimmen und wahrscheinlich nie vollständig entfernt werden können. Aus dem Kunststoff entweichen Weichmacher. Sonne, Meerwasser und die Zeit lassen das Plastik in seine Einzelteile zerfallen und machen es zu noch schwerer händelbarem, weil kaum sichtbarem Mikroplastik.

Nach dem Abspann ist da nur ein Gefühl: Ohnmacht. Eine Diskussion entspannt sich von der Bühne über die Zuschauer. Wenn eh alles hoffnungslos ist, all das Plastik nie aus den Meeren entfernt werden kann, was kann man dann überhaupt verändern? Bis Projektmitarbeiter Eric Schön von der Fakultät Natur- und Umweltwissenschaften und Mitinitiator des Tags der Umwelt, das Wort ergreift und die Menschen beruhigt. Er bedankt sich für den Tag und die anregenden Diskussionen. Und das genau die aller Anfang ist.

In Deutschland fallen pro Jahr 40.000 Tonnen Abfall durch Coffe-To-Go-Becher an. Das entspricht einem Gewicht von 33.000 Volkswagen. Es wäre schon viel getan das leckere Trinkwasser unseres Gebirges in eine Glasflasche zu füllen und den Kaffee in den nachhaltigen Kaffeebecher.

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