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12. November 2025

Wie kann gesellschaftlicher Wandel erfolgreich gelingen?

TRAWOS-Institut regt mit Konferenz „Transformationswissen als Problemfeld gesellschaftlichen Wandels: Theorie und regionale Praxis“ zur Diskussion über Transformationsprozesse im Strukturwandel an.

Am 6. und 7. November 2025 veranstaltete das TRAWOS-Institut (Institut für Transformation, Wohnen und soziale Raumentwicklung) der Hochschule Zittau/Görlitz gemeinsam mit einem breiten Bündnis wissenschaftlicher und regionaler Institutionen die Konferenz „Transformationswissen als Problemfeld gesellschaftlichen Wandels: Theorie und regionale Praxis“ – im Rathaus Zittau und an der Hochschule Zittau/Görlitz. Die Veranstaltung brachte Wissenschaft und Praxis zusammen, um den Strukturwandel in der Lausitz und die damit verbundenen Transformationsprozesse zu diskutieren.

Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Frage, wie gesellschaftlicher Wandel erfolgreich gelingen kann und welche Rolle Transformationswissen dabei spielt. Gleichzeitig wurde die historische Dimension von Transformationsprozessen reflektiert, um Erfahrungen aus der Vergangenheit in die aktuelle Praxis einzubeziehen. Die Konferenz bot Raum für Austausch zwischen Forschenden, Unternehmen, Kommunen, Politik und Zivilgesellschaft, um Wege für die wirksame Nutzung von Wissen in regionalen Veränderungsprozessen zu diskutieren.

In seinem Grußwort erinnerte Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch, Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) daran, dass Wandel in der Oberlausitz Tradition hat: „Die Oberlausitz ist eine Region, die wie kaum eine andere in Deutschland von Transformation geprägt ist. Man könnte sagen: Wandel gehört hier zur DNA der Landschaft und ihrer Menschen.“ Er betonte außerdem: „Die Herausforderung unserer Zeit besteht darin, Transformationswissen zusammenzuführen – aus Wissenschaft und Praxis, aus Politik und Zivilgesellschaft, aus Vergangenheit und Gegenwart.“

Die Lausitz – exemplarisch für andere (inter-)nationale Transformationsregionen?

„Die Lausitz bietet sich als mögliche Modellregion für die Beziehung von Theorie und Praxis in der Transformationsforschung geradezu an“, so der Programmtext der Konferenz im Vorfeld. Kulturell, politisch und sozial sei die Lausitz von Spannungsverhältnissen (u.a. Stadt-Land, demografischer Wandel) geprägt, die sich exemplarisch für Konflikte der westlichen Moderne und anderer Transformationsregionen lesen lassen. Ist die Lausitz Transformationsregion und zugleich Pionierregion – insbesondere durch den potenziellen Wandel zu einer Wissenschaftsregion mit zahlreichen Förderinitiativen und bereits vorhandenen, teils im Entstehen begriffenen (Wissenschafts-)Institutionen? 

Dazu sprachen und diskutierten Anfang November in Zittau u.a.: Thomas Zenker (Oberbürgermeister der Stadt Zittau), Dr. Stephan Meyer (Landrat des Landkreises Görlitz), Dr. Katharina Hölscher (Universität Utrecht), Vladan Hruška (Universität Ústí nad Labem), Prof. Dr. Maciej Zathey (Naturwissenschaftliche Universität Breslau) und viele weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 

Die Keynote Speeches zu den anschließenden Panel-Diskussionen wurden gehalten von Prof. Dr. Alexandra Retkowski (BTU Cottbus-Senftenberg) zum Thema „Transformation als Anspruch: Zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“ und Prof. Dr. Raj Kollmorgen (HSZG) zum Thema „Umkämpfte Transformation – umkämpftes Wissen: Zur Politisierung transformativen Wissens“. 

Seit April 2019 vertritt Prof. Dr. Alexandra Retkowski das Fachgebiet Soziale Dienstleistungen für strukturschwache Regionen am Institut für Soziale Arbeit der BTU Cottbus-Senftenberg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u. a. Themen zur Verbesserung sozialer Infrastruktur und Lebensqualität in den strukturschwachen Gebieten und Chancen und Risiken eines sozial und ökologisch nachhaltigen Strukturwandels. Als Professor für Management Sozialen Wandels an der HSZG ist Prof. Dr. Raj Kollmorgen als renommierter Sozialwissenschaftler eine gefragte Stimme in der öffentlichen Debatte über Transformationsprozesse, ostdeutsche Identitäten und gesellschaftliche Entwicklungen.

Acht Panel-Diskussionen mit vielfältigem Themenspektrum

Debattiert und lebhaft diskutiert wurde in den anschließenden acht Panel-Diskussionen (sechs am Donnerstag, 06. November, zwei am Freitag, 07. November) zu regionalen und europäischen Transformationsthemen – speziell auch im Hinblick auf gesellschaftliche und politische Prozesse in der Lausitz und in der Dreiländerregion Deutschland, Polen und Tschechien: „Transformation als kultureller Prozess und die Rolle der Kultur in der Transformation“, „Governance regionaler Transformationsprozesse – Anforderungen an Wissenschaft und Politik“ oder „Knowledge Stuck at the Border? Transnational Cooperation versus National Conflicts over (the Future of) Coal Mining in the ‘Black Triangle’“, so die Themen von drei Panels als konkret benannte Beispiele der Diskussionsforen der interdisziplinären und auch internationalen Konferenz. 

Im Panel „Wissenschaftsregion Lausitz: Wissenschaft zwischen Regionalentwicklung und internationalem Wettbewerb“ sprach beispielsweise Prof. Dr. Sophia Keil, Prorektorin für Forschung, Transfer und Internationalisierung, über die Rolle der Hochschule Zittau/Görlitz im Wandel der Region und im Dreiländerraum.

Die Hochschule übernimmt Verantwortung, wo Veränderungen gefragt sind. Studienangebote entstehen gezielt für die Bedarfe der Region, etwa in der Lehrkräftebildung und für die Halbleiterindustrie. Mit dem Zukunftslernort Oberlausitz baut die HSZG gemeinsam mit Partnern ein Netzwerk auf, das Menschen aller Generationen frühzeitig und praxisnah für MINT-Themen begeistert.

Prof. Dr. Sophia Keil, Prorektorin für Forschung, Transfer und Internationalisierung

Transfer braucht Vielfalt

Ihre zentrale Botschaft: Transfer brauche Vielfalt. Wissen entfalte Wirkung, wenn es unterschiedliche Zielgruppen und Formate erreiche: „Die HSZG bietet dafür eine breite Palette, von der Kinderakademie über ´Studieren Probieren´ bis hin zum Seniorenkolleg und dem AAL-Labor (Ambient-Assisted-Living) für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bleiben dabei nicht auf dem Campus, sondern gehen bewusst in die Städte und Gemeinden“, so Keil. 

Zum Abschluss unterstrich Prof. Dr. Sophia Keil: „Die Hochschule versteht sich als Brückenbauerin. Sie verbindet Traditionen mit Zukunftstechnologien, bringt Wissenschaft und Gesellschaft ins Gespräch und öffnet lokale Realitäten für internationale Perspektiven. So entstehen Wege, über die Ideen aus der Forschung in der Praxis ankommen. Und manchmal baut sie Brücken auch dort, wo bislang noch keine zu erahnen sind.“ 

Exkursionen veranschaulichen (historische) Veränderungsprozesse

Am Freitagvormittag – am zweiten Tag der Konferenz – hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, an verschiedenen Exkursionen in Zittau teilzunehmen. Auch um zu sehen, wie historische Bauten im Stadtgebiet Zittaus sich „transformiert“ und der Gegenwart angepasst haben: z. B. „Besuch der Stadtwerke Zittau: Zittauer Kraftwerkslabor – Energietechnologien für den Strukturwandel“, „Rekultivierung von Industriekultur: Zwischen Forschung und Gesellschaft: Besuch der Mandau-Höfe und Standort des Co-Creation-Lab der HSZG“, „ Post-Mining im Fokus: Führung auf den Johannisturm oder Gesellschaftspolitische Herausforderungen und wie die Menschen sie angehen: Besuch des soziokulturellen Zentrums Hillersche Villa“. 

Breites Bündnis an Forschungseinrichtungen als Ausrichter der Konferenz

Ausrichtende Institutionen der Konferenz „Transformationswissen als Problemfeld gesellschaftlichen Wandels: Theorie und regionale Praxis“ waren:

  • Institut für Transformation, Wohnen und soziale Raumentwicklung (TRAWOS)
  • Hochschule Zittau/Görlitz
  • TU Dresden
  • Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA)
  • Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT)
  • Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV)
  • Interdisziplinäre Zentrum für transformativen Stadtumbau (IZS)
  • Internationale Hochschulinstitut Zittau der TU Dresden (IHI)
  • Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR)
  • Serbski institut/Sorbische Institut
  • Hi!Lusatia

In seiner Gesamtheit stellte die Konferenz den Anspruch, nach den Erfahrungen und der Expertise sowohl der Wissenschaft als auch der jeweiligen Akteure in der Lausitz und in Tschechien, Polen oder weiteren europäischen Ländern (in Unternehmen, Politik, Kommunen etc.) zu fragen. Die Konferenz strebte daher einen Austausch an, der beide Perspektiven miteinander verbindet – was sehr erfolgreich inhaltlich gelang. 

Text: Frank Leberecht, Antje Pfitzner, Fränzi Straßberger

Panels im Überblick

Panel 1: Governance regionaler Transformationsprozesse – Anforderungen an Wissenschaft und Politik

  • Jörg Huntemann, Sächsisches Staatsministerium für Infrastruktur und Landesplanung, Leiter Abteilung Strukturentwicklung
  • Dr. Stephan Meyer (Landrat des Landkreises Görlitz)
  • Prof. Rainer Danielzyk (Professor für Raumordnung und Regionalentwicklung an der Leibniz Universität)
  • Dr. Sebastian Heer (DZA)
     

Panel 2: Wissen transdisziplinär und kooperativ: Transformationsprozesse und Alltagspraktiken

  • Ricarda Böhme (Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau)
  • Regina Bernstein/Karin Fleischer (Museum Margarethenhütte, Großdubrau)
  • Dr. Sandra Eckardt (Univ. Göttingen/Würzburg)
  • Dr. Daniel Morgenroth (Intendant Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau)
  • Stefan Nolte (Regisseur)
  • Prof. Dr. Ute Schlegel-Pinkert (Professorin Theaterpädagogik, UdK Berlin
  • ausgerichtet durch Dr. Julia Gabler (TRAWOS), Prof. Ira Spieker (ISGV), Dr. Katharina Schuchardt (ISGV)
     

Panel 3: Knowledge Stuck at the Border? Transnational Cooperation versus National Conflicts over (the Future of) Coal Mining in the ‘Black Triangle’

  • Dr. Torsten Meyer, Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Leibniz Research Museum for Geo-resources, Mining (...) creates new cultural values' - 'Making nature' in the Lusatian lignite mining district (1922-2010)
  • Kamil Bembnista, (M.A.), Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER), Multispecies Borders: Rethinking Territoriality through Justice and Transition
  • Matěj Moravanský (M.A.), Charles University Prague, The Anatomy of Failure: State Socialist Decoupling in East Germany and Czechoslovakia
     

Panel 4: Lausitz als grenzüberschreitendes Reallabor? – Möglichkeiten und Grenzen transdisziplinärer und transformativer Forschung

  • Dr. Katharina Hölscher, Assistant Professor in Just Transformation to Climate-Resilient Cities and Regions at the Department of Human Geography and Spatial Planning at Utrecht University, The Netherlands
  • Mgr. Vladan Hruška, Ph.D., Assistant Professor and Head of Department of Geography, Jan Evangelista Purkyně University in Ústí nad Labem, Czech Republic
  • Dr. Maciej Zathey, Director of Institute for Territorial Development and Assistant Professor at Wrocław University of Environmental and Life Sciences, Wrocław, Poland
     

Panel 5: Wissen(schaft)sregion Lausitz: Wissenschaft zwischen Regionalentwicklung und internationalem Wettbewerb

  • Dr. Babett Gläser (Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus)
  • Dr. Jörg Heidig (Lausitz-Monitor)
  • Dr. Stefan Jakschik (ULT AG)
  • Prof. Dr. Sophia Keil (Hochschule Zittau/Görlitz)
  • Dr. Johannes Staemmler (BTU Cottbus-Senftenberg)
  • Thomas Zenker (Stadt Zittau)
     

Panel 6: Demokratie im Stresstest: Transformationserfahrungen und politische Kultur in der Lausitz

  • Franziska Stölzel (RIFS Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Potsdam)
  • Dr. Christoph Meißelbach (SIPS Sächsiches Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung)
  • Dr. Reinhold Melcher (SIPS Sächsiches Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung)
     

Panel 7: Transformation gestalten: Responsible und Biodiversitätsmanagement in der regionalen Wirtschaft

  • Prof. Dr. Markus Scholz (TU Dresden, IHI Zittau)
  • Thomas Schlomski (Kemper & Schlomski)
  • Prof. Dr. Arne Cierjacks (Biozentra – Transferzentrum für Biodiversität Sachsen) 
     

Panel 8: Transformation als kultureller Prozess und die Rolle der Kultur in der Transformation

  • Jun.-Prof. Dr. Moritz Ingwersen (Technische Universität Dresden)
  • Annalena Hänsel (Referentin der Lausitz-Kultur-Koordinierungsstelle in Cottbus)
  • Dr. Robert Lorenc (kulturwissenschaftliche Abteilung des Sorbischen Instituts) 
Foto: Prof. Dr. rer. pol. Sophia Keil
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